Werries im Wandel der Jahrhunderte. Band 1

In der Kolonie gab es gut 30 Vereine.

5.) Auch hier war es, wie auf einem Dorf.

In seinem Verein oder Vereinen war man etwas, nicht nur eine austauschbare Nummer. Der Verein war so etwas wie ein zweites zu Hause. Man feierte miteinander. Ein paar Hundert Leute wurden für die Vorstände benötigt.


In Deutschland galt bis 1918 uneingeschränkter Kapitalismus. Die Schere zwischen Reich und Arm ging immer weiter auseinander. Harte Arbeit ohne irgendwelche Sicherheitsvorschriften, Hungerlöhne, Kinder und Frauenarbeit, Entlassung bei Unfall, Krankheit und Alter waren vor 150 Jahren die Regel. Es gab zwei Gruppierungen, die für menschenwürdige Arbeitsbedingungen und für Beteiligung der Arbeitenden am finanziellen Erfolg kämpften, die Arbeiterpartei SPD und die Knappenvereine aus denen später die Gewerkschaften hervor gingen.


Demonstrationen am Maifeiertag, Streiks und andere Arbeiteraktionen wurden mit Polizeieinsatz und Gummiknüppeln beendigt. Die meisten Arbeiter unterstützten diesen Kampf. Es flossen viel Blut und Tränen, bis etwas mehr menschenwürdigere Verhältnisse zustande kamen.


Die Gewerkschaften setzten Druck durch Streiks ein. Sie unterstützten die Streikenden mit Geld, das aus Beiträgen ihrer Mitglieder und aus Spenden kam. Ihre Arbeit, ihre Arbeitskämpfe, ihre Opfer verbesserten das Los der arbeitenden Bevölkerung Schritt für Schritt. Diese beiden Gruppierungen spielten natürlich in Werries eine große Rolle. Vor 1933 hatten Kommunisten und Sozialdemokraten eine große Mehrheit. Das Zentrum, die Partei, zu der vorwiegend katholische Christen gehörten, gehörte auch dazu und konnte stattliche Zahlen aufweisen.


Im Schützenverein gab es Offiziere. In jedem Jahr wurde ein neuer König ausgeschossen. Auch das Vereinsleben machte das Leben in der Kolonie menschlich.

Das Vereinsleben baute sich nicht auf einmal auf. Es kam Stück für Stück in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts eins zum anderen. In den ersten 7 Jahren der Kolonie mussten die Männer von Montag bis Samstag 12 Stunden arbeiten. Es blieb keine Zeit für Hobbys und Vereine. Alles, was zu Hause in Küche, Garten, bei Kindern und Tieren anfiel, mussten die Frauen erledigen. Auch Behördengänge, Schule, Kirche war Sache der Frau. Die kurzen Zeiten, die dem Mann zu Hause blieben, musste er für den Unterhalt der Familie verwenden.




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